Entstehung der Rheinebene und der Randgebirge

 

Das heutige Landschaftsbild unserer Gegend begann sich vor 50 — 60 Mill. Jahren zu bilden. Geologisch ist dieser Zeitabschnitt die Tertiärzeit. Sie hat auf der gan­zen Erdkruste große Veränderungen geschaffen und ist vor 1 Mill. Jahren zu Ende gegangen. Vor dieser Zeit gab es weder Rheinebene noch ihre Randgebirge Schwarzwald, Vogesen, Kraichgau und Pfälzer Wald. Es war eine große zusam­menhängende Fläche, viel tiefer gelegen als heute. Die Entstehung der Rhein­ebene war die Folge der Auffaltung der Alpen, die schon vor 100 Mill. Jahren einsetzte. Der gewaltige Druck, der die Alpen hochpreßte, wirkte sich auch auf das nördlich davon gelegene Land aus. Durch die große Druckwirkung auf die Gesteine zerbrach es in Schollen, die zum Teil gehoben wurden und zum Teil in die Tiefe sanken. Dabei gab es oft Höhenunterschiede von mehreren hundert Meter.

 

Das Senkungsfeld der Rheinebene, heute ca. 300 km lang und bis zu 40 km breit, war bei Einbruch ca. 2000 m tief und ca. 5 km breit. Große Überflutungen hatten Ablagerungen zur Folge, die den Graben auffüllten. Über die Burgundische Pforte und über die Zaberner Senke bestand mit dem Pariser Meeresbecken Ver­bindung.

 

Während der ganzen Zeit stiegen die Grabenränder in die Höhe. Hierbei wurde auch das Hinterland erfaßt, schief gestellt und aufgeschichtet. Durch die Jahrhun­dertmillionen schwemmten die vielen Flüsse und Bäche Unmengen von Geröll-massen in die Rheinebene und füllten damit die Niederungen auf. Bis etwa vor 600 000 Jahren floß der Rhein durch die Belforter Pforte der Rhone zu. Infolge erneuten Einbruchs der Ebene und verbunden mit dem Aufsteigen des Schwarz­waldes und der Vogesen trat eine Laufänderung ein, durch das rheinische Schiefer­gebirge in die Nordsee.

Heute zieht der Rhein, eingeengt in ein befestigtes Flußbett, gezwungen dahin. Neben dem Hauptstrom, draußen in der Mitte der Niederung, hatte der Ost­rhein, auch Kinzig-Murggraben geheißen, sein Flußbett. Er bildete mit seinen vielen Querverbindungen zum Hauptstrom ein großes Dschungelgebiet. Wo Hochwasser Kies und Sandbänke absetzten, entstanden Inseln, die von Schilf und Rohrkolben überwuchert wurden. Binsen wetteiferten in zarten Kurven mit der Beschwingtheit des Schilfornamentes. Seerosen und Dotterblumen träumten zu ihren Füßen.

 


An moosigen Rändern erhoben sich die sauren Riedgräser und seidiges Wollgras. Blaue Blütensterne des Sumpfvergissmeinnichts äugten durch das Grün. Im torfigen Untergrund wuchsen Erlen, Weiden und Schwarzpappeln. Überall grünte der Auenwald mit der Vielfalt buschigen Unterholzes. Vereinzelt an erhöhten Stellen stand die Eiche. Kleine Gruppen aufgeschlossener Bäume waren selten. Trotz ihrer Stärke und Mächtigkeit wirft die Eiche leicht durchlässi­gen Schatten, so daß Unterholz wachsen kann. Sie kümmert sich wie alle wahrhaft großen und starken Persönlichkeiten wenig darum, was neben ihr aufschießt. So stellte sich einst die Urlandschaft in der Ebene unserer Heimat dar: Eine mäch­tige, prächtige, zauberhafte Melodie.

Die Urwaldriesen brachen Sturm und Wetter. Eichen sanken oft in die tiefen Wasserrinnen, wurden überdeckt von Kies, Sand und Schlamm und wurden im Wasser eisenhart, wie es sich beim Ausheben der Kiesgruben oftmals zeigt. Laub­gräser und Holz moderten und bildeten einen fruchtbaren Humusboden. Diese amphibische Landschaft bot wenig Anziehungspunkte für die Frühbesiedler un­serer Gegend. Die vorgermanischen Siedler, die Kelten, bevorzugten mit Vorliebe die fruchtbaren Vorberge.

Diese amphibische Landschaft hatte die Frühbesiedler unserer Gegend kaum an­gelockt.

 

Quelle: G. Schmitt, 1986, Heimatbuch Söllingen S.35 ff